Reparaturarbeiten auf der Avus
 

Wiederaufbau, Nachkriegszeit und heute

100 Jahre Avus, Teil 2

Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 war an eine Wideraufnahme des Rennsports auf der Avus zunächst nicht zu denken. Der Krieg hatte auch hier mit Bombenkratern und eingestürzten Brücken seine Spuren hinterlassen. Statt Rennwagen bestimmten in den ersten Jahren Militärfahrzeuge der Alliierten, Fußgänger und spielende Kinder das Bild.


Drachensteigen an der Avus, 6. September 1950 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Schnell wurde jedoch mit der Reparatur der Strecke begonnen. Mit Hochdruck wurde an der Avus gebaut. Arbeitskolonnen beseitigten die gröbsten Kriegsschäden und machten die Strecke wieder für Rennen befahrbar.


Eine weibliche Arbeitskolonne bei den Bauarbeiten an der Avus, 22. Mai 1951 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Für Material zur Ausbesserung der Schäden bediente man sich am Schutt eines nahegelegenen Fußballstadions. 


Mit Schutt werden in der Nordkurve schadhafte Stellen ausgebessert, 6. Juli 1950 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Tatsächlich gelang es, die Avus bis 1951 soweit zu reparieren, dass auf ihr wieder Rennen stattfinden konnten.


Blick über die Nordkurve vom Funkturm während der Rennen auf der Avus, 1. Juli 1951 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Am 1. Juli 1951 war es dann soweit: Das erste Rennen nach dem Krieg konnte beginnen. Nach jahrelanger Pause kamen wieder über 300.000 Schaulustige zu dem Ereignis.


Trainingsbeginn auf der Avus, 29. Juni 1951 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Nach diesem gelungenen Auftakt fanden in den 1950er Jahren wieder regelmäßig Rennen auf der Avus statt.


Rennsportbegeisterte auf der „Leitertribüne“, 12. Juli 1953 © Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin

Auch die legendären „Silberpfeile“ von Mercedes-Benz kehrten auf die Avus zurück.


„Silberpfeile auf der Avus, September 1954 © Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin

Formel 1 und Transitstrecke

Der Höhepunkt der Nachkriegsrennen und gleichzeitig der Anfang vom Ende der Avus als Rennstrecke, war das erste und letzte Formel-1-Rennen ihrer Geschichte. Eigentlich trug die Formel 1 den „Großen Preis von Deutschland“ auf dem fahrerisch anspruchsvolleren Nürburgring aus. Aus politischen Gründen gastierte dieser 1959 aber angesichts der deutschen Teilung noch einmal demonstrativ auf der Strecke durch den Grunewald im jetztigen West-Berlin. Wieder fanden sich bei wolkenverhangenem Himmel tausende Zuschauerinnen und Zuschauer ein, um das Autorennen zu verfolgen.


Das Publikum auf den Tribünen winkt den vorbeidonnernden Rennwagen zu, 2. August 1959 © Stiftung Stadtmuseum Berlin | Foto: Pressebilderdienst Kindermann

Nachdem bereits beim „Großen Preis“ 1926 mehrere Todesfälle zu beklagen gewesen waren, kam es nun erneut zur Tragödie. Der französische Fahrer Jean Behra verlor in der Steilkurve die Kontrolle über seinen Wagen, kollidierte mit dem ehemaligen Betonsockel eines Flakgeschützes am Rand der Kurve und fand den Tod. Drei Jahre vorher war Richard von Frankenberg mit seinem Wagen über die Steilkurve hinausgeschossen, hatte aber glücklicherweise mit einer Gehirnerschütterung überlebt. Überhaupt kam es auf der Avus regelmäßig zu Unfällen.


In der Auslaufrunde verunglückte EMW-Pilot Egon Binner, kam aber mit dem Schrecken davon, 25. September1953 © Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin

Dies löste eine öffentliche Debatte über die Tauglichkeit der Avus für den Rennsport aus. Dabei wurde sie nicht nur als Austragungsort des „Großen Preises“ in Frage gestellt. Tatsächlich fanden in der Folge nur noch kleinere Rennen statt. Dies hing auch damit zusammen, dass die Strecke nach dem Mauerbau 1961 als Transitstrecke von West-Berlin nach West-Deutschland immer mehr an Bedeutung gewann. Der zunehmende Verkehr ließ dann auch städtebauliche Erfordernisse deutlich in den Vordergrund treten und die Avus fuhr als Ort des Rennsports ihrem Ende entgegen.


Junge Leute stehen am Straßenrand kurz vor der Auffahrt zur Transit-Autobahn, um per Anhalter durch die DDR nach West-Deutschland zu fahren, 31. Mai1968 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Ludwig Binder

Die legendäre steile Nordkurve musste 1967 dem neuen Autobahn-Dreieck Funkturm weichen und wurde duch eine flachere Kurve ersetzt. Zudem wurde die Strecke immer wieder vekürzt, sodass sie 1992 nur noch eine Länge von 2,64 Kilometern hatte. Gerichtliche Auseinandersetzungen mit Anwohnerinnen und Anwohnern führten außerdem zu einer Begrenzung der jährlichen Zahl von Rennen. Dennoch fanden noch lange Zeit weitere Rennen statt, wenn auch nur für kleinere Fahrzeugklassen. 


Seitenwagen-Weltmeister Werner Schwärzel und Beifahrer Andreas Huber, 19. September 1983 © Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin

Die Avus wäre aber nicht die Avus, wenn sie nicht auch zum Ende ihrer Rennsportkarriere hin noch die eine oder andere Anekdote zu erzählen gehabt hätte. 1989 siegte ein gewisser Michael Schumacher aus dem rheinischen Kerpen in einem spannenden Formel-3-Rennen und machte bald darauf auch in der Formel 1 auf sich aufmerksam.

Auch in dem ein oder anderen Film trat die Avus auf. Der wohl kurioseste Auftritt stammt aus dem Jahr 1985 in dem Film „Richy Guitar“ mit einer damals sehr jungen, unbekannten und heute sehr berühmten Band. „Die Ärzte“ spielten sich selbst in den Hauptrollen. Von einem LKW aus gaben sie auf der Avus ein Konzert, während sie sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei lieferten.  

1998 fand die Zeit der Avus als Rennstrecke schließlich ihr endgültiges Ende. Als Autobahn ist sie aber weiterhin ein lebendiges Stück Berliner Geschichte, und ihre Haupttribüne, die zur Zeit zum Veranstaltungsort umgebaut wird, bleibt in neuer Funktion als sichtbares Zeugnis der Rennsport-Vergangenheit erhalten. 

 

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