29.01.2019

Märkisches Museum trifft Rykestraße 17

Berlinerinnen und Berliner machen Museum

Wie sehen Berlinerinnen und Berliner die Stadt, in der sie leben? Welche unerzählten Berlin-Geschichten können sie teilen und welche Objekte möchten sie im Museum ausstellen? Und was kann das Stadtmuseum Berlin von den Menschen, die in dieser Stadt leben, lernen?

Die Bewohnerinnen und Bewohner eines typischen Berliner Mietshauses im Stadtteil Prenzlauer Berg sind diesen Fragen auf die Spur gegangen. Zu Hause in der Rykestraße 17 sowie  im Märkischen Museum haben sie über ihren Alltag, ihre Erinnerungen und ihre Wünsche für die Zukunft reflektiert und ihre Gedanken und Gefühle als Miniatur-Ausstellung künstlerisch umgesetzt.

 

Die Boxen im Aktionsraum der [Probe]Räume

Acht Boxen, acht Geschichten

Bühnenbildnerin Katharina thematisiert in ihrer Ausstellungs-Box ihre Stasi-Akte aus DDR-Zeiten. Die Komik ihres damaligen „Vergehens“ erschließt sich den Museumsbesucherinnen und -besuchern beim Blick in einen originalen Briefkasten, der ursprünglich an einem Wohnhaus auf der Prenzlauer Allee befestigt war. Katharinas Nachbarn Fayzal und Annelie widmen ihre Box ihrer Altbauwohnung. Als Architekturstudenten der 90er Jahre renovierten sie die heruntergekommenen Räum beim Einzug selbst. „Heute kann man sich gar nicht vorstellen, dass Wohnungen hier im Kollwitz-Kiez mal so aussahen“, meint Fayzal, der seit damals ununterbrochen hier lebt.

Fotografien, in der Ausstellungsbox als Mobilé inszeniert, zeigen die damaligen Studentinnen und Studenten bei einer ihrer für sie heute noch legendären Partys. „Als Eintrittskarten haben wir Kaugummis produzieren lassen“, erzählt Annelie. Zwei dieser originalen Kaugummis sind in ihrer Ausstellungsbox zu entdecken.

Eine weitere der insgesamt acht Ausstellungsboxen stammt von der Dokumentarfilmerin Lilian. Sie erzählt darin von DJane Merle, die in den 1990er Jahren den Berliner Techno mitprägte. „Heute möchte sie lieber von ihrem damaligen Ich nichts mehr wissen. Merle hat sich auch weiterentwickelt“, so Lilian – wie Berlin selbst. Denn die Ausstellungsboxen machen deutlich, wie sehr sich die Stadt verändert hat und was sie heute ausmacht. Für Graszyna etwa, die seit den 80 Jahren in Berlin lebt, ist der Potsdamer Platz in dieser Hinsicht ein besonderer Ort. Ein bis in die 80er Jahre freistehendes Haus ist nun umringt von modernen Neubauten.

Jewgenij hingegen verbindet mit Berlinvor allem Basketball. Als Mitglied der U11-Mannschaft von Alba Berlin dreht sich in seiner Ausstellungsbox alles um den Ballsport. Bei der Suche nach passenden Objekten wurde er von seinem Verein aktiv unterstützt – mit Merchandise und Spielerportraits. Die Fotos der Profisportler sind genauso zu sehen wie ein Foto des Elfjährigen selbst, natürlich in seinem blau-gelben Mannschaftstrikot. Noch bis Ende Februar präsentieren die Wohnhausbewohnerinnen und -bewohner ihre Objekte und Geschichten im Aktionsraum der [Probe]Räume innerhalb der Dauerausstellung BerlinZEIT.

Die Rykestraße 17 besucht das Märkische Museum © Stadtmuseum Berlin

Gemeinsam das Stadtmuseum Berlin gestalten

Im aktiven Dialog mit den beteiligten Berlinerinnen und Berlinern wurde dieses Projekt für das gesamte Stadtmuseum Berlin zu einem spannenden Lernprozess – von den wissenschaftlichen Volontärinnen und Volontären über Vermittlerinnen und Kuratorinnen bis hin zum Direktor Paul Spies selbst. Für ihn ist klar: „Partizipation und Teilhabe sowie Austausch und Diskurs mit den Menschen dieser Stadt sind wichtig für die Öffnung des Museums. Dabei ist es wichtig, den Berlinerinnen und Berliner auf Augenhöhe zu begegnen – es sind ihre Geschichten und Perspektiven, von denen ein Stadtmuseum lebt!“ So setzt das Stadtmuseum Berlin seinen eingeschlagenen Weg hin zu einem Stadtmuseum für Alle erfolgreich fort. 

In die gleiche Richtung zielt das aktuelle Projekt Junior-Kuratoren im Museum: Gemeinsam mit den Mentorinnen für Junior-Kuratoren erweitern Jugendliche in Zusammenarbeit mit den Teams des Stadtmuseums Berlin dessen Dauer- und Sonderausstellungen um eigene Perspektiven und Ansätze. Diese zeitgemäße Museumsarbeit zahlt sich aus: Für das Projekt erhält das Stadtmuseum Berlin im Rahmen der 2018 eingeführten Fördersäule 2plus umfangreiche Unterstützung aus dem Berliner Projektfonds für kulturelle Bildung.

Berlinerinnen und Berliner jeden Alters sind jeden Samstag von 14 bis 17 Uhr dazu eingeladen, eine eigene Boxen-Ausstellung zu gestalten. Gemeinsam mit einer Kunstvermittlerin können Sie ihr persönliches Objekt inszenieren und die dazu passende Geschichte künstlerisch umsetzen. Das Ergebnis wird als Teil der [Probe]Räume in der Ausstellung BerlinZEIT für alle im Museum sichtbar.