Vom Zufallsfund zum Freilichtmuseum

Die Geschichte des Museumsdorfs Düppel

Wie das Freilichtmuseum aus einem Zufallsfund entstand – und was Experimentelle Archäologie damit zu tun hat.

Das Krumme Fenn, ein Landschaftsschutzgebiet im Bezirk Steglitz-Zehlendorf an der Grenze zum Brandenburgischen Kleinmachnow, ist als eines der letzten naturbelassenen Gebiete in Berlin ein beliebtes Ausflugsziel. Im Frühjahr 1939 spielte der jugendliche Horst Trzeciak dort an einem ausgetrockneten Tümpel aus der letzten Eiszeit, mitten im Düppeler Feld. Zwischen Bäumen, Blumen und Gräsern fand er einige Tonscherben. Woher stammten sie? Und wie waren sie dorthin gekommen? Dieser Zufallsfund sollte ein Jahrzehnte andauerndes Forschungsprojekt in Gang setzen, an dessen Ende der Nachbau eines ganzen mittelalterlichen Dorfes mitsamt seiner landschaftlichen Umgebung stand: das Museumsdorf Düppel.

Die Berliner Mauer verlief nahe der damaligen Zehlendorfer Ortslage Düppel, 1969 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Rolf Goetze

Zunächst aber lagerten die Tonscherben 28 Jahre im Depot des Museums für Ur- und Frühgeschichte in Berlin. Erst 1967 konnte dank Fördermitteln der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) mit Ausgrabungen im Düppeler Feld begonnen werden, unweit der Berliner Mauer. Zum Vorschein kamen die Überreste einer hufeisenförmig angelegten Siedlung. Datiert wurde sie auf den Zeitraum von 1170 bis 1220. Zahlreiche Keramikfunde wiesen auf deutsche, aber auch auf slawische Bevölkerung hin. 

Wissenschaft zum Anfassen

Die Größe des Fundes und dessen archäologische Bedeutung waren enorm. Bereits während der frühen Ausgrabungen in den 1970er Jahren kam das Projektteam auf die Idee, die Berliner Bevölkerung an der Forschungsarbeit und den Grabungsergebnissen teilhaben zu lassen. Als Vorbild diente die Butser Ancient Farm, ein eisenzeitliches Freilichtlabor in Großbritannien. Das Museum in der Grafschaft Hampshire gilt noch heute als eines der wichtigsten Zentren für Experimentelle Archäologie. Dieses wissenschaftliche Spezialgebiet erforscht Fragestellungen anhand von Experimenten. Dabei werden auch soziologische und psychologische Gesichtspunkte einbezogen.

Aus dem Vorhaben, ein lebendiges Museum zu errichten, wurde 1975 der Förderverein Museumsdorf Düppel e.V. gegründet. Der Verein baute die Häuser der Siedlung aus natürlichen Materialien wieder auf – und zwar genau so, wie die Gebäude im 12. Jahrhundert entstanden sein könnten. Bis heute bringen die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins mittelalterliches Leben in das rekonstruierte Dorf. Während der Frühlings- und Sommermonate stellen sie in historischer Kleidung die Handwerkstätigkeiten und Gebräuche jener Zeit so realistisch wie möglich dar. Bei Veranstaltungen und an den Wochenenden können Interessierte und Familien an den Living-History-Aktionen teilnehmen. 

Urwald vor den Toren der Stadt

Auch die Landschaft am Krummen Fenn wurde anhand von archäologischen Pollen- und Gräser-Funden in umliegenden Brunnen und Gewässern dem historischen Zustand aus der Entstehungszeit des Dorfes nachempfunden. Im Laufe der Jahrzehnte verwandelte sich die Natur in Zehlendorf in ein einzigartiges Mosaik aus verschiedenen Wald-, Weiden- und Wiesenarten. Geschaffen wurden der Museumsgarten und seine angrenzenden Felder: die Weideflächen für alte Nutztierarten sowie eine Frisch- und eine Trockenwiese. Dazu wurden Nutzwälder angelegt, wie etwa der Hutewald, ein lichter Wald mit offenen Weideflächen, und der „Urwald“, der einem von Menschen unberührten, natürlich gewachsenen Waldgebiet entspricht.


Schafe auf dem Museumsgelände © Stadtmuseum Berlin | Foto: Melanie Huber

Hier sind auch alte Nutztierrassen zu Hause, darunter Ochsen, die vom Aussterben bedrohte Schafrasse „Skudde“ oder das Düppeler Weideschwein, das als Abbildzüchtung einer längst verschwundenen Form des Hausschweins in einem langfristigen Projekt neu zum Leben erweckt wird. Die ökologische Tierhaltung ist eingebettet in das biodiverse Landschaftskonzept des Museumsdorfes. Der nachhaltige Umgang mit der Natur, wie etwa die ebenfalls ökologische Bienenhaltung, ist dabei ein zentraler Bestandteil der musealen Vermittlungsarbeit.

Blick in eine der Freilicht-Werkstätten © Stadtmuseum Berlin | Foto: Robert Bussler

Lebendiges Museum

Die Häuser, Brunnen, Zäune und Öfen, die es auf dem Gelände zu entdecken gibt, wurden zwischen 1975 und 2008 von den Vereinsmitgliedern ehrenamtlich erbaut. Bis 1995 wurde der Verein vom Berliner Senat finanziell und personell gefördert. Seither gehört das Museumsdorf Düppel zu den Standorten des Stadtmuseums Berlin. Im Mittelpunkt der Museumsvermittlung steht nach wie vor die lebendige, spannende und leicht verständliche Präsentation von Forschungsergebnissen für Interessierte – seien es Kinder oder Erwachsene. 

Text: Melanie Huber 

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