Erinnerung an eine schwere Zeit
Zum Tag des Friedens am 21. September
Studentenmütze der „Frankonia“
Mit dem Start des Wintersemesters an den Berliner Hochschulen stellen wir als Objekt des Monats Oktober eine Studentenmütze der Berliner Burschenschaft „Frankonia“ vor.
Burschenschaften haben in Deutschland heute einen eher zweifelhaften Ruf – nicht zuletzt, weil es unter ihnen zahlreiche „Verbindungen“ gibt, die dem rechten politischen Spektrum zuzuordnen sind. Daneben gab und gibt es unter anderem konservative, liberale, christliche und jüdische Verbindungen, die teilweise auch Studentinnen offen stehen. Viele, gerade sehr kleine Burschenschaften lösen sich inzwischen auf, da ihnen der studentische Nachwuchs fehlt. So ist es auch der Berliner Burschenschaft „Frankonia“ ergangen.
Ingenieurs-Vereinigung
Am 1. Dezember 1906 unter den Namen „Freie Technische Vereinigung Frankonia“ gegründet, änderte die studentische Verbindung ihren Namen 1929 in „Burschenschaft Frankonia“. Die Burschenschaft, die unter anderem Studenten der Ingenieurschule Beuth aufnahm, war eine von mehreren Ingenieur-Studentenverbindungen in Berlin. Sie zählte zu den nichtschlagenden Verbindungen: Die rituellen Fechtkämpfe, in denen sich Mitglieder als Erkennungszeichen teils absichtlich Narben (so genannte „Schmisse“) zufügten, gab es hier nicht. Die Farben des Burschenbandes waren Schwarz-Grün-Gold.
Dem damaligen Zeitgeist entsprechend, waren Frauen vom Beitritt ausgeschlossen, obwohl „Frankonia“ die Zusammenarbeit mit technischen Vereinen pflegte, in denen jungen Frauen die Mitgliedschaft offenstand. In der Burschenschaft waren auch jüdische Studenten aktiv, die allerdings ab 1935/36 auf Druck der nationalsozialistisch beherrschten Behörden die Verbindung verlassen mussten.
Neugründung und Auflösung
Nachdem im Wintersemester 1935/36 alle aktiven Studentenverbindungen von den Nationalsozialisten aufgelöst worden waren, wurde die Burschenschaft „Frankonia“ von ehemaligen Mitgliedern 1954 wiederbelebt. Im Jahr 1956 hatte sie 73 Mitglieder, davon 7 „Füchse“ (neu aufgenommene Studenten). Allerdings ließ das Interesse an Burschenschaften in den nachfolgenden Jahrzehnten aus vielerlei Gründen deutlich nach. Das bekam auch die „Frankonia“ zu spüren.
Aufgrund fehlenden Nachwuchses entschlossen sich die letzten Mitglieder im Dezember 2019, die „Frankonia“ aufzulösen. Im Februar 2020 übergaben sie einen großen Teil des Nachlasses an das Stadtmuseum Berlin, das die Objekte zur Dokumentation dieses Teils der Stadtgeschichte in seine Bestände übernahm.
Was die Mütze über einen studentischen Brauch erzählt
Das Objekt des Monats ist eine von mehreren Mützen aus dem Nachlass der „Frankonia“. Sie vermittelt einen burschenschaftlichen Brauch. Auf dem ersten Blick erkennt man eine grüne Tellermütze mit schwarzem Schirm, die am Rand das schwarz-grün-goldene Burschenband der „Frankonia“ zeigt. Grün war seit 1910 die Mützenfarbe der „Frankonia“. Auffällig ist der Mützendeckel, denn auf ihm befinden sich mehrere scheinbar willkürlich positionierte Metallstickereien in Form eines Eichenblattes mit Eichel. Vereinzelt lassen sich auch Schlitze in der Mütze erkennen.
Bei der Mütze handelt es sich um eine sogenannte Studentenmütze „mit gestickten Eichenblättern nach Landesvaterstechen“. Das Durchstechen der Studentenmützen mit einem Degen war ab dem 18. Jahrhundert ein studentischer Brauch. Anfänglich diente es dazu, die Liebe zu einem Mädchen zu zeigen. In der Folge entwickelte sich das Durchstechen der Mütze zum Freundschaftsbeweis zwischen zwei Studenten, später wurde es zu einem burschenschaftlichen Brauch: Die Burschenschaftler spießten während einer Zeremonie die Mützen auf und sangen das Studentenlied „Landesvater, Schutz und Rater“. Die durchstochenen Stellen an der Mütze wurden anschließend mit einem Weinlaubblatt oder – wie bei der hier vorgestellten Mütze – mit einem Eichenblatt bestickt.