Das alte Berliner Rathaus

Ausgrabung eines Baudenkmals

von Constanze Sarbiak (M.A.)

Das Rote Rathaus gehört zu den stadtbildprägenden Bauten zwischen Alexanderplatz und Spree. Kaum bekannt ist, dass sich direkt vor dem Roten Rathaus ein Vorgängerbau befand, der bereits im Mittelalter errichtet wurde. An dem Kreuzungspunkt der damaligen Oderberger Straße (später Königsstraße, heute Rathausstraße) und Spandauer Straße wurde am Ende des 13. Jahrhundert das Alte Rathaus errichtet. Im Laufe der Zeit erfolgten verschiedene An- und Umbauten. Trotzdem war es im 19. Jahrhundert längst zu klein geworden, baufällig und nicht mehr repräsentativ für die wachsende Metropole.

Das alte Berliner Rathaus mit Gerichtslaube (rechts) in der ehemaligen Königstraße (heute Rathausstraße), nach 1855 © Stadtmuseum Berlin | Foto: Leopold Ahrendts

1856 entschied sich die Stadtverordnetenversammlung daher für einen Neubau, dessen Grundsteinlegung 1861 erfolgte. Der Abriss des Alten Rathauses erfolgte in mehreren Phasen. 1865 begann man mit dem Abriss des mittelalterlichen Langbaues an der damaligen Königstraße (heute Rathausstraße). Dabei wurde das Kellergeschoss bewusst fast vollständig erhalten und lediglich verfüllt, um spätere Forschungen zu ermöglichen. Die bekannte Gerichtslaube wurde erst 1871 abgetragen und im Park Babelsberg in veränderter Form wieder aufgebaut. Dies war nur möglich, weil sich maßgeblich die Mitglieder des vor 150 Jahren gegründeten Vereins für die Geschichte Berlins für den Erhalt des Baues eingesetzt hatten. [d. Red.: Eine heute als Restaurant genutzte Kopie der Gerichtslaube wurde 1985-87 beim Wiederaufbau des Nikolaiviertels in der Poststraße errichtet, rund 200 Meter vom originalen Standort entfernt.] 

Das Mittelalter weicht dem U-Bahn-Bau

Pfeiler des alten Rathauses (farbig markiert) bei der Ausgrabung vor dem Roten Rathaus

Die Verlängerung der U-Bahnlinie U5 mit der neuen Station „Berliner Rathaus“ machte ab 2010 archäologische Untersuchungen notwendig und brachte das erstaunlich gut erhaltene Kellergeschoss ans Licht. Um diese einzigartigen Zeugnisse Berliner Baugeschichte aus dem Mittelalter zu bewahren, wurden die Baupläne der BVG geändert. Da dies nicht überall möglich war, mussten die Reste des Turmes, Teile der Nordwand und der Gerichtslaube weichen. Das Stadtmuseum Berlin übernahm einen Pfeiler und das Gewände (seitliche Begrenzung) eines Durchganges, die vom Landesdenkmalamt Berlin geborgen wurden. Der Rathauspfeiler reiht sich im Märkischen Museum nun in die große Sammlung von baulichen Überresten (Spolien) ein, die von der Baugeschichte Berlins zeugen. 

Wir danken dem Landesdenkmalamt Berlin, Fachbereich Gartendenkmalpflege und Archäologie, sowohl für die Beratung beim Transport der Pfeiler wie auch bei Erstellung dieses Beitrags.

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