Das Kaiserpanorama
Das Kaiserpanorama vermittelt mit stereoskopischen Fotos ein räumliches Bild vergangener Zeiten und einen spannenden Einblick in die Medien- und Freizeitkultur des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Ein Nachbau des viele Jahre im Märkischen Museum ausgestellten Originals ist in der Ausstellung BERLIN GLOBAL im Humboldt Forum zu sehen.
Das von dem Physiker, Geschäftsmann und Erfinder August Fuhrmann entwickelte, noch heute beeindruckende Kaiserpanorama ermöglichte schon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die automatische Vorführung von 50 dreidimensional erscheinenden Fotografien. Aufgenommen wurden sie durch „zweiäugige“ Kameras. Dieses Stereoskopie genannte Verfahren folgt dem Prinzip des räumlichen Sehens durch die menschliche Augen: Zwei geringfügig horizontal versetzte Bilder werden vom Gehirn dabei zu einem dreidimensionalen Bild zusammengesetzt.
Das Kaiserpanorama in der Kaisergalerie
Im Jahr 1883 eröffnete der aus Breslau stammende Fuhrmann sein erstes Kaiserpanorama in der beliebten Berliner Kaisergalerie. Diese frühe „Shopping Mall“ in der Passage zwischen Friedrichstraße (Ecke Behrenstraße) und dem Prachtboulevard Unter den Linden war der ideale Ort für die Attraktion. Bis zu 25 Besuchern gleichzeitig bot Fuhrmanns Kaiserpanorama dort die Faszination „exclusiven Miterlebens“ durch die optische Illusion der Stereofotografie. Wöchentlich wechselnde Bildserien gestatteten gegen 20 Pfennige Eintrittsgebühr die virtuelle Teilnahme an kulturellen, sportlichen und politischen Ereignissen des kaiserlichen Deutschland sowie an Expeditionen in ferne Landschaften und Städte. In Fuhrmanns Werbung hieß es: „Durch das Kaiserpanorama ist das Problem gelöst, die Welt mit der Welt bekannt zu machen.“
In einer frühen Form des Bildjournalismus versorgte August Fuhrmann von seiner „Weltpanoramazentrale“ aus bald bis zu 250 Filialen in Europa und in Übersee mit stereoskopischen Bildern. Es war ein echtes Massenmedium, das sich nicht nur an gehobene Schichten wandte. Im Jahr 1909 waren bereits 100.000 Abzüge dieser 3D-Bilder im Umlauf. Fuhrmanns Unternehmen, für das bis zu acht Fotografen tätig waren, war dank der geschickten Werbe- und Vertriebsstrategie seines Gründers wirtschaftlich sehr erfolgreich und als „Kunstinstitut ersten Ranges“ außerordentlich populär. Der Konkurrenz bewegter Bilder durch den Siegeszug des Films hatte die Stereoskopie jedoch auf Dauer nichts entgegenzusetzen: Im Jahr 1939 schloss das Berliner Kaiserpanorama in der Kaisergalerie seine Pforten.
Einzigartige Einblicke
Das lange Zeit im Märkischen Museum ausgestellte Kaiserpanorama, das einzige historische Exemplar in Berlin, wurde im Jahr 1983 erworben und stammt aus einer niederländischen Filiale der Weltpanoramazentrale. Mit Unterstützung durch den Verein der Freunde und Förderer des Stadtmuseums Berlin e.V. war es möglich, das Gerät mit einem neuen Satz von 48 Okularen zu bestücken.Die gezeigten Bilder waren teils aufwendig von Hand koloriert, denn die Farbfotografie steckte um 1900 noch in den Kinderschuhen. August Fuhrmann hatte dafür ein spezielles Kolorierungsverfahren entwickelt und patentieren lassen, das seine schwarz-weißen Stereobilder in natürlichen Farben leuchten ließ.
Schon Walter Benjamin beschreibt in seinem Band „Kindheit im 19. Jahrhundert“ das „Kling“, mit dem das Kaiserpanorama die Zuschauer von Bild zu Bild durch die „ferne Welt“ führt. Und auch Sie wird dieses „Kling“ auf Ihrer Bilderreise in die Vergangenheit begleiten.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass das Kaiserpanorama nicht mehr im Märkischen Museum ausgestellt ist.